Energieschulden: Darf mir der Strom abgestellt werden?

Energieschulden: Darf mir der Strom abgestellt werden?

Mit den massiv gestiegenen Energiekosten geraten viele private Haushalte in die finanzielle Bredouille. Insbesondere Gaskunden müssen mit erheblich gestiegenen Kosten rechnen. Laut dem Verbraucherportal Check24 müssen 3,3 Millionen Haushalte in Deutschland durchschnittlich fast 52 % mehr für die Gasversorgung zahlen. Die Mehrkosten können vierstellig sein. Doch was passiert eigentlich, wenn die nächste Rechnung nicht bezahlt werden kann? Dürfen die Versorger in diesem Fall die Leitung kappen?

Vor allem Menschen mit niedrigem Einkommen sind betroffen

Haushalte mit einem niedrigen Einkommen sind besonders von den gestiegenen Energiepreisen betroffen. Sie haben kaum Möglichkeiten, Energie einzusparen. Einerseits können sie alte Haushaltsgeräte nicht einfach gegen energieeffiziente Geräte ersetzen. Auf der anderen Seite haben sie oft noch überalterte Heizungen, können keinen Solarstrom nutzen oder sich eine Wärmepumpe einbauen lassen. Die Kosten steigen, ohne dass sich die Einnahmen erhöhen. Die Folge: Die nächste Strom- oder Gasrechnung kann nicht bedient werden.

Darf der Anbieter Strom oder Gas abstellen?

Das eine Problem sind in diesem Fall die Schulden, die sich ansammeln. Auf der anderen Seite steht die Frage: Darf mir mein Energieversorger einfach die Leitung kappen? Nach § 19 Abs. 2 der Grundversorgungsverordnung für Stromkunden (StromGVV) ist dies möglich, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:

  • Zahlungsverzug des Kunden
  • Aktuell mindestens 100 Euro Schulden
  • Energieversorger muss mind. 1 Mahnung mit angedrohter Sperre versendet haben
  • Energiesperre möglich ab 4 Wochen nach Zugang der Androhung
  • Es darf keine Unverhältnismäßigkeit vorliegen

Auch für die Unterbrechung der Gasversorgung gelten ähnliche Regelungen. Zudem laufen die Verträge auch bei einer Sperre weiter. Das bedeutet für den Schuldner, dass auch der Schuldenberg größer wird.

Wann liegt eine Unverhältnismäßigkeit für eine Stromsperre vor?

Eine Sperrung der Strom- oder Gasversorgung durch den Versorger ist nur dann möglich, wenn sie verhältnismäßig ist. Der Energieversorger muss die Zumutbarkeit einer Sperrung im Einzelfall prüfen. Eine Unverhältnismäßigkeit liegt in folgenden Fällen vor:

  • Im Haushalt leben kleine Kinder, kranke oder pflegebedürftige Personen
  • Es drohen im Haushalt lebenden Personen Gesundheitsschäden durch die Sperre
  • Die Existenzgrundlage wird durch die Sperrung gefährdet (z.B. die Betroffenen können dadurch nicht mehr ihrer Heimarbeit nachgehen)
  • Durch die Sperrungen können im Winter Leitungen einfrieren, platzen und hohe Schäden verursachen
  • Im Haushalt befinden sich volle Tiefkühltruhen, die die Familie ernähren und die durch eine Sperrung auftauen würden

Wie können sich Schuldner bei einer drohenden Sperrung verhalten?

Energieversorger müssen eine drohende Sperrung immer ankündigen und dürfen sie erst vier Wochen später auch tatsächlich vollziehen. So viel Zeit bleibt Ihnen also, auf die Sperrung zu reagieren. Dazu stehen verschiedene Möglichkeiten zur Wahl. Setzen Sie sich mit Ihrem Energieversorger in Verbindung und legen Sie ihm schriftlich nahe, warum eine Sperre für Sie unverhältnismäßig ist. Zudem sollten Sie aufzeigen, wie und in welchem Zeitraum Sie die angefallenen Schulden begleichen wollen. Schlagen Sie dazu eine Ratenvereinbarung vor, die Sie auch tatsächlich bedienen können.

Sind Empfänger von Sozialleistungen von der drohenden Sperre betroffen, dann können sie bei der zuständigen Behörde (meistens dem Jobcenter) die Übernahme der Energieschulden als Darlehen beantragen. Sies muss später aber wieder zurückgezahlt werden.

Was tun, wenn der Energieversorger eine Ratenvereinbarung ablehnt?

Schuldner, insbesondere mit wenig Einkommen, haben meistens nur die Möglichkeit, dem Energieversorger einen Ratenplan anzubieten. Doch was, wenn dieser abgelehnt wird? In diesem Fall haben Verbraucher die Möglichkeit, beim zuständigen Amtsgericht einen Antrag auf einstweilige Verfügung zu stellen.

Den Strom- oder Gasversorger einfach zu wechseln, ist meistens nicht zielführend. In der Regel wird vorab die Bonität geprüft und ein Vertragsschluss abgelehnt.

Es lohnt sich in jedem Fall, bei (drohenden) Energieschulden Kontakt mit einer Schuldnerberatung aufzunehmen. Hier können Sie auch Möglichkeiten einer außergerichtlichen Schuldenregulierung oder einer Privatinsolvenz prüfen.

 

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